Beim Asperger-Syndrom (ICD-10, F84.5) zeigen sich wie beim Frühkindlichen Autismus ebenfalls qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktion. Hinzu kommen ungewöhnliche, intensive und umschriebene Interessen. Es können auch begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten auftreten. Allerdings fehlt eine klinisch eindeutige Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder der kognitiven Entwicklung.
Menschen mit Asperger-Syndrom zeigen nicht selten ein fehlendes Interesse an Gleichaltrigen oder verhalten sich ungeschickt im Umgang mit ihnen. Es fehlt ihnen häufig die intuitive Fähigkeit, Gefühle und soziale Situationen ausreichend zu verstehen und die Fähigkeit, angemessen Kontakt aufzunehmen.
Sie gehen häufig unerkannt in ganz normale Schulen, wo von Ihnen auch ein „ganz normales“ Verhalten erwartet wird. Und spätestens hier fallen sie durch ihr merkwürdiges Sozialverhalten auf. Häufig spielen sie lieber alleine oder mit Erwachsenen und brauchen oft eine „soziale Pause“. Wenn sie mit anderen Kindern spielen, fallen sie durch eine besondere Selbstbestimmtheit oder soziale Ungeschicktheit auf. Dazu tragen auch sprachliche Besonderheiten bei (z.B. gestelzte Sprache, auffällige Sprachmelodie, Fixierung auf bestimmte Themen). Sie entwickeln nicht selten Spezialinteressen (wie z. B. Wetterkarten, Fahrpläne, technische Details) und sind für andere Themen (z.B. in der Schule) nur schwer zu motivieren. Bei ihren Spezialkenntnissen können sie erstaunliche Fähigkeiten zeigen. Diese Fähigkeiten kontrastieren aber meist in hohem Maße mit Problemen im alltagspraktischen Bereich. Viele Kinder mit Asperger-Syndrom sind im Motorischen (z.B. Ballspielen, Handschrift) ungeschickt, vermeiden sportliche Aktivitäten und geraten oft in eine Außenseiterposition. In der Schule wirken sie auf Ihre Mitschüler fremd und beunruhigend und werden daher oft Opfer von Ausgrenzung und/oder Mobbing.
Im Gegensatz zu Kindern mit Kanner-Syndrom werden Kinder mit Asperger-Syndrom erst relativ spät – manchmal erst nach dem Grundschulalter – diagnostiziert. An diese Kinder werden nur allzu häufig Anforderungen gestellt, die sie nicht erfüllen können. Ihre Störungen werden oft nicht ernst genommen.
Das Asperger-Syndrom gibt es in jeder Ausprägung, es ist aber nicht per se ein „leichter“ Autismus.
Weiterführende Literatur:
Attwood, T.: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom, Trias, Stuttgart 2008 Remschmidt, H., Kamp-Becker, I.,: Asperger-Syndrom, Springer, Heidelberg 2006 Preißmann, Chr.: Psychotherapie bei Menschen mit Asperger-Syndrom, Kohlhammer, Stuttgart 2007